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BDNF - ein Serum-Marker bei Depression und Burnout

Die Biologie einer Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis ist ein Zusammenspiel vielfältiger Prozesse, wie z. B. chronische Entzündung, Störungen des Tryptophan-Serotonin-Stoffwechsels und einer veränderten Stressantwort. Zusätzlich wird heute vor allem ein weiterer Faktor diskutiert, der in der individuellen Pathogenese sogar im Vordergrund stehen kann: Es handelt sich dabei um eine Verkleinerung des Hippocampus (Gehirn Areal) , also der zentralen Hirnregion für Lernen und Gedächtnis. Man vermutet, dass eine verminderte Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus die Ursache für sein verringertes Volumen bei depressiven Erkrankungen ist („Neurogenesetheorie der Depression“). 

Ein niedriger BDNF-Serumspiegel zeigt eine Verkleinerung des Hippocampus an
Der Wachstumsfaktor BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) wird im ausgereiften Gehirn vor allem im Hippocampus gebildet. Hier spielt er eine bedeutende Rolle für das Langzeitgedächtnis und das abstrakte Denken. BDNF kann die Blut-Hirn-Schranke frei passieren und Studien zeigen, dass der BDNF-Spiegel im Serum mit dem Volumen des Hippocampus korreliert und ein Schrumpfen des Hippocampus ein Absinken des BDNF-Serumspiegels zur Folge hat. Dieser Zusammenhang ist deutlich messbar, obwohl BDNF in größeren Mengen auch von Thrombozyten gebildet und freigesetzt wird.

Erniedrigte BDNF-Spiegel bei Depression und Schlafstörungen
Patienten mit Depressionen zeigen erniedrigte BDNF Blutspiegel, wobei die Verminderung bei Patientengruppen mit Posttraumatischem Stress-Syndrom und Burnout am stärksten ausgeprägt ist. Ebenfalls signifikant erniedrigte BDNF-Spiegel zeigen Patienten mit Schlafstörungen im Vergleich zu Kontrollpersonen mit gesundem Schlaf. Dabei korreliert der BDNF-Gehalt mit der Schwere der Schlafstörung.

Auch Stress senkt den BDNF-Spiegel
Auch psychosozialer Stress geht mit erniedrigtem Serum-BDNF einher. Eine Ursache dafür ist, dass Stress die Expression von BDNF hemmt, wahrscheinlich über die Sekretion des Stresshormons Cortisol. Chronischer Stress kann daher den BDNF-Spiegel bereits senken, bevor sich neuroanatomische Veränderungen manifestieren. Besonders prädisponiert sind dabei möglicherweise Patienten, die einen Polymorphismus im BDNF-Gen tragen. Dieser ist mit einer stärkeren Cortisol-Ausschüttung bei Stressreizen assoziiert.

Anhebung des BDNF-Spiegels als Therapieziel
Viele Studien zeigen, dass Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin- sowie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI und SNRI) zu einem Anstieg des BDNF-Spiegels beitragen. Einige, aber nicht alle Studien dokumentieren eine Korrelation zur Wirksamkeit der Therapie, das heißt zur Besserung des klinischen Befindens. Vieles spricht dafür, dass dieser Anstieg sekundär bedingt ist, das heißt keinen unmittelbaren Effekt der Präparate darstellt, sondern Indikator für eine verbesserte Synapsenfunktion und eine veränderte neuroimmunologische Regulation im Hippocampus darstellt. Die genauen Mechanismen, die zum Anstieg des BDNF führen, sind bisher nicht bekannt. 

Neben den klassischen Antidepressiva können auch andere Präparate einen Anstieg des BDNF-Serumspiegels bewirken. Die Gabe von Omega-3-Fettsäuren, Zink und Vitamin E ist mit einem Anstieg des BDNF-Serumspiegels verbunden, wohingegen mehrfach gesättigte Fette und Zucker den Blutspiegel reduzieren. Schlafregulation und Stressabbau können ebenfalls mit einem Anstieg des BDNF verbunden sein.
Durch Bestimmung des BDNF lässt sich der Erfolg der genannten Therapiemaßnahmen objektivieren.


Abb. 1 Das im Serum zirkulierende BDNF stammt sowohl aus dem Hippocampus als auch aus thrombozytären Speichern. Schrumpft der Hippocampus (z. B. aufgrund von depressiven Erkrankungen oder hohem Lebensalter), sinkt der BDNF-Serumspiegel insgesamt ab. 

Anstieg des BDNF-Spiegels auch durch Sport
BDNF wird auch von sich kontrahierenden Muskelzellen sezerniert. BDNF spielt hier eine wichtige Rolle für die Regeneration und die Differenzierung von Muskelzellen. Es wurde gezeigt, dass körperliche Anstrengung den Serumspiegel an BDNF erhöht. Man vermutet, dass dieser Mechanismus für den stimmungsaufhellenden Effekt des Sportes mit verantwortlich ist, dass aber darüber auch der nachweisbare schützende Effekt von Sport vor neurodegenerativen Erkrankungen und Demenz erklärbar ist. 

Durch die Tatsache, dass Sport den BDNF-Spiegel ansteigen lässt, ist es gerechtfertigt, dass das Ausstellen eines „Sportrezeptes“ bei betroffenen Patienten mit niedrigem BDNF-Spiegel eine sinnvolle Therapiemaßnahme darstellt. Die Kontrolle des Therapieerfolges kann zudem durch eine Blutspiegelbestimmung des BDNF erfolgen, was zur Motivationssteigerung des Patienten beiträgt.

Erhöhte BDNF-Serumspiegel bei Hauterkrankungen
Die Serumspiegel von BDNF (ähnlich wie IL-31) sind bei Neurodermitis erhöht und korrelieren mit dem Krankheitswert und der aktuellen Stärke des Juckreizes. BDNF bindet bei Neurodermitis vermehrt an eosinophile Granulozyten in der Haut und fördert so deren Akkumulation und die Ausschüttung zytotoxischer Mediatoren, die das Gewebe schädigen. Darüber hinaus scheint BDNF durch Interaktion mit den sensorischen Nervenfasern direkt an der Wahrnehmung des Juckreizes beteiligt zu sein. 

Indikationen für die Bestimmung von BDNF im Serum
Bei Depression und Burnout
Diagnoseobjektivierung von Depression und Burnout
Kontrolle und Monitoring des Therapieerfolges bei Therapie mit Antidepressiva, aber auch Sport, Schlaf- und Stressregulation und bei adjuvanten Therapiemaßnahmen wie die Gabe von Omega-3-Fettsäuren, Zink und Vitamin E oder einer Ernährungsumstellung (Meidung von mehrfach gesättigte Fetten und Zucker).
Bei Neurodermitis
Objektivierung der Krankheitsaktivität (v. a. des Juckreizes) und Monitoring immunsuppressiver, diätetischer und adjuvanter Therapiemaßnahmen.

Quelle:Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam GbR
Text und Bild: https://www.imd-berlin.de/fachinformationen/diagnostikinformationen/bdnf-ein-serum-marker-bei-depression-und-burnout-zur-objektivierung-des-behandlungserfolges